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Wenn es darum geht, wem die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum zu verdanken sind, ist ganz Deutschland gespalten. In Süddeutschland ist das Christkind der Gabenüberbringer, während bei den Sachsen der Weihnachtsmann die Menschen beglückt. Warum es überhaupt zu dieser Spaltung gekommen ist und das ausgerechnet zum Fest der Liebe, erklärt der Weihnachtsforscher Prof. Dr. theol. Manfred Becker-Huberti im Interview.

Von Julia Ceitlina

Herr Professor Becker-Huberti, Weihnachten ist das Fest der Liebe und trotzdem ist es zu einer Spaltung gekommen. In einem Teil Deutschlands ist das Christkind aktiv und im anderen der Weihnachtsmann. Gibt es eine Vorgeschichte?

Geschenkt wurde vor der Reformation nicht an Weihnachten, sondern zu Nikolaus. Entsprechend der Legende hat der Nikolaus drei junge Frauen beschenkt, damit sie nicht in die Rotlichtszene abrutschen und sündigen. Heilige passen aber nicht ins Konzept des Reformators Luther, dem es schwerfiel, Nikolaus zu entthronen. Dann aber kam er auf die Idee, dem Nikolaus das Schenken zu nehmen und auf Weihnachten zu verlegen. Allerdings wurde an Weihnachten so geschenkt wie an Nikolaus im 16. Jahrhundert und „niemand“ Geschenke brachte. Wenn die Kinder kommen durften, lagen die Geschenke einfach schon unter dem Baum. Weil das nicht bildhaft genug war, führte Luther das Christkind ein, das die Geschenke zu Weihnachten bringt. Die Katholiken haben bis um 1900 am Nikolausbrauchtum festgehalten und die Familienweihnacht abgelehnt. Erst nach 1900 übernahmen sie langsam die ursprünglich evangelische Familienweihnacht und dann auch das Christkind.

Als Coca Cola in den zwanziger Jahren weltweit mit einem Weihnachtsmann für sein braune Limo zu werben begann, hat der Weihnachtsmann bei evangelischen Familien vielfach das Christkind abgelöst. So kam es zu der Meinung, das Christkind sei „katholisch“ und der Weihnachtsmann „evangelisch“. Aber die Wirklichkeit ist durchmischter. Das Christkind ist auch noch bei evangelischen Familien zu Hause, der Weihnachtsmann ist aber bei Katholiken tabu.

Warum kam es überhaupt zu einer Spaltung?

Die Spaltung im Weihnachtsbrauchtum ist eine Folge der Reformation, durch die das Schenken zu Weihnachten üblich wurde. Bei den Katholiken hatte das Schenken zu Nikolaus Symbolcharakter. So wie in der Nikolauslegende sollten die Geschenke an einem Tag des Jahres einmal den Himmel erleben lassen, erfahrbar machen, was es bedeutet, wenn der Himmel die Erde berührt. Dabei war weder die Menge noch der Preis der Geschenke entscheidend, sondern die Glückseligkeit, die ein einfaches Geschenk bei einem Kind bewirkte. Als nach 1900 sich das evangelische und das katholische Weihnachtsbrauchtum vermischten, hat die Bedeutung des Schenkens gelitten.

Weil der heilige Nikolaus nicht kompatibel zur evangelischen Theologie war, hatte der Weihnachtsmann beim Protestantismus leichtes Spiel. Aus evangelischer Sicht wurde der Nikolaus und sein Brauchtum seit dem 16. Jahrhundert kritisiert. Es entstanden Karikaturen wie z.B. der böse Niklas im Struwwelpeter, der Nikolaus und seinen teuflischen Begleiter in einer Person vereint.

Gibt es klare Grenzen in Deutschland, wer wo Geschenke verteilt?

Überwiegend schenkt der Weihnachtsmann in evangelischen Familien und bei kirchlich nicht Gebundenen. Aber auch das Christkind, das seit dem 20. Jahrhundert auch bei den Katholiken schenkt, ist noch in einigen evangelischen Familien zu Hause.

Wer ist das Christkind eigentlich?

Das ist ungeklärt. Wenn es einmal dargestellt wird, wirkt es wie ein kindlicher oder jugendlicher Engel.

Hat es einen Zusammenhang mit Jesus Christus?

Nein. Das Christkind ist nicht mit dem Kind in der Krippe identisch.

Der Weihnachtsmann kommt ja durch den Schornstein … wie kommt das Christkind in das Haus und vor Allem wie transportiert das kleine engelsgleiche Wesen die Geschenke…einen Sack trägt es ja nicht mit sich?

Kinder sind wohl pragmatischer als Erwachsene, die sich solche Fragen stellen. Den meisten Kindern reicht es, wenn die Geschenke da sind. Das Wie und das Woher sind nachgeordnet. Und falls es doch wichtig wird: Heilige können doch Wunder wirken! Und die kann man nicht erklären! Der Weihnachtsmann hat es da schwerer. Dass er mit seiner Wampe durch den Schornstein passt und dabei nicht einmal Dreck macht, glauben nur die Kleinsten.

Im Erzgebirge glaubt man, dass Knecht Ruprecht die Geschenke verteilt … Was hat es mit diesem Glauben auf sich?

Diese Vorstellung rührt noch vom Nikolausbrauchtum her, wo der Teufel Ruprecht an der Kette liegt und dem guten Nikolaus dienstbar sein muss. Er hat gefälligst die Geschenke zu tragen, kann andererseits aber auch den Sack benutzen, um — natürlich nur als Drohung — Kinder abzutransportieren.

Wie erklärt man am besten seinen Kindern, wer nun der „echte “Geschenkbringer ist?

„Glaubensfragen“ muss man selbst entscheiden und kann man deshalb auch nur selbst begründen. Es ist anderen Denkrichtungen gegenüber fair, seine Entscheidung nicht absolut zu setzen und andere zu verdammen. Selbst wenn man das Christkind für rechtschaffener und begründeter als den Weihnachtsmann hält, dürfen andere sich anders entscheiden.

Was hat es mit dem Mythos auf sich, dass der Weihnachtsmann von Coca Cola stammt?

Als der Weihnachtsmann in den USA statt braun/grün die Farben rot/weiß für sich wählte, entdeckte die Firma Coca Cola um 1920, dass diese Figur „ihre“ Hausfarben trug, eben rot und weiß. Deshalb haben sie diese Figur für ihre Werbung in den Dienst genommen. Rot und weiß gewandet war die Weihnachtsmann aber schon, ehe Coca Cola von ihm Besitz ergriffen hat.

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